(Un)Sinn einer Einzelraumregelung

Eine Einzelraumregelung (ERR) funktioniert so, dass es an jedem Heizkreis einen Stellmotor gibt, mit dem über ein Ventil der Durchfluss des Heizkreises geregelt werden kann. Das selbe Prinzip wie bei Thermostaten an herkömmlichen Heizkörpern. Und jeder weiß doch, wenn es kalt wird, dreht man die Heizung auf.

In unserem Haus gibt es dabei nur ein Problem: Da unsere Heizung sehr auf Effizienz getrimmt ist, dauert es 24-48 Stunden, bis es wirklich warm wird.

Aber die Lösung ist auch einfach: Man hält einfach in allen Räumen die Komforttemperatur. Denn das Haus verliert ja im gleichen Atemzug nur sehr wenig Wärme.

Wenn man jetzt also in allen Räumen die Solltemperatur hält, dann ist ein Nachregeln der Raumtemperatur unnötig. Man stellt einmal die gewünschte Temperatur ein und fasst die Einstellung danach nicht wieder an. Alles weitere macht die Wärmepumpe selbst über ihre interne Regelung.

Wir haben intensiv darüber diskutiert, ob wir wirklich auf die ERR verzichten wollen, daher hier mal unsere Argumentation:

  1. Der Betrieb einer ERR verursacht bei uns laufende Kosten von ca. 120€ pro Jahr für den Betrieb der Stellmotoren und Raumthermostaten. (18 Heizkreise á 3W Dauerstromverbrauch = 54W Grundlast, 54W x 24h x 365Tage = 473kWh pro Jahr bei 0,26€/kWh –> 122,99€)
  2. Zusätzlich sinkt die Effizienz der gesamten Heizung um 6-10%, was nochmal Mehrkosten von ca. 30-50€ pro Jahr ausmacht.
  3. Die Installation der ERR kostet für unser Haus ungefähr 2500€
  4. Die ERR ist laut EnEV verpflichtend einzubauen. Eine Befreiung von dieser Pflicht kostet beim Bauamt ca. 250€. Dafür müssen wir einen Antrag stellen, detailliert darlegen, warum die ERR unser Haus unwirtschaftlicher machen würde und warum es aus Sicht des Energieverbrauchs keinen Vorteil im Betrieb einer ERR gibt.

Punkt 4 klingt erstmal relativ kompliziert, ist aber im Großen und Ganzen schnell erklärt:

Bei sehr effektiv gedämmten Häusern beeinflussen sich die Räume sehr stark gegenseitig. Benachbarte Räume mit unterschiedlichen Temperaturen heizen bzw. kühlen einander.

Wenn die Fußbodenheizung ausgelegt wird, dann wird in einem Raum A so viel Rohr verlegt, wie notwendig ist um Raum A bei gegebener Vorlauftemperatur auf seine Solltemperatur zu heizen.

Wenn jetzt ein benachbarter Raum B kühler wird, weil das Raumthermostat runtergedreht wird, dann steigt aber die Heizlast in Raum A, weil über die Wand zu Raum B plötzlich mehr Wärme verloren geht. Die Wärmepumpe reagiert darauf und erhöht die Vorlauftemperatur. Interessanterweise ist der Effekt des Ganzen, dass Raum B nie wirklich seine Solltemperatur erreicht, weil Raum A durch die gemeinsame Wand nachheizt. Gleichzeitig sinkt mit steigender Vorlauftemperatur der Wirkungsgrad der Wärmepumpe, wodurch die Kosten für die Wärmeerzeugung statistisch um 6-10% steigen.

Aber durch die ERR wird auch auch der hydraulische Abgleich in der Fußbodenheizung gestört wird. Der hydraulische Abgleich sorgt dafür, dass auch wirklich in allen Heizkreisen Wasser zirkuliert. Wenn der Abgleich nicht durchgeführt wurde, dann kommt es durch Druckunterschiede zwischen den Heizkreisen dazu, dass einzelne Heizkreise mehr, andere weniger Heizwasser bekommen, wieder andere bekommen so wenig Heizwasser, dass keine Zirkulation mehr möglich ist. Dann bleiben die betroffenen Räume kalt. Um zumindest dieses Problem zu vermeiden, gibt es sehr teure Lösungen (für unser Haus deutlich über 3000€), die hydraulischen Abgleich und ERR zusammenfassen.

Zusammengefasst: Bei Betriebskosten von ca. 150€ pro Jahr und Installationskosten von ungefähr 2500€ hat die ERR in unserem Haus exakt gar keinen Effekt. Für einzelne Räume kann man später immer noch für ca. 100€ pro Raum eine funk- oder netzwerkgesteuerte, batteriebetriebene Lösung nachrüsten, wenn es unbedingt notwendig werden sollte. Die 250€ für die Befreiung sind es uns aber allein aufgrund der hohen Installationskosten wert, denn wenn wir uns nicht befreien lassen, müssen wir verpflichtend in allen Räumen ERR installieren, selbst in Räumen, die nicht durch Türen getrennt sind, wie bei uns im EG Flur, Küche und Wohnzimmer.

7 Gedanken zu „(Un)Sinn einer Einzelraumregelung“

    1. Hallo Daniel,

      wir haben uns in der Planung dann doch für ein Funkkonzept entschieden, haben aber bis auf den heutigen Tag keinen Grund für die Inbetriebnahme desselben gefunden.
      Die Auslegung der Heizung ist genau so, wie sie sein soll und auch die Dame des Hauses ist damit enorm zufrieden.

  1. Hallo,

    wie sieht es denn mit Räumen aus, die generell kühler sein sollten z.B. das Schlafzimmer?
    Welche Temperatur haben Sie denn dort?

    Viele Grüße

    Thorsten

    1. Hallo Thorsten,

      da unser Haus ohne Solltemperaturregelung arbeitet, haben wir im Schlafzimmer in der Heizperiode je nach Wetterlage zwischen 19,5 und 21,5°C.
      Das klingt erstmal “zu warm”, aber die Dame des Hauses ist damit zufrieden, obwohl sie es sich vorher nicht hätte vorstellen können. In einem Haus wie unserem ist es wie im Beitrag beschrieben sowieso nicht ganz einfach, höhere Temperaturunterschiede zwischen benachbarten Räumen zu realisieren.

      Temperaturen von 16°C im Schlafzimmer sind nach meiner bescheidenen Einschätzung vielleicht in Holzständerbauweise mit voll ausgedämmten Trockenbauwänden und dichten Innentüren noch ansatzweise realisierbar, aber im Massivbau halte ich das nicht für sinnvoll, ohne die benachbarten Räume merkbar abzukühlen.

      1. Wohne selbst in einem KFW55-Haus mit Einzelraumsteuerung und Fußbodenheizung. Allerdings alles smart realisiert. Anfangs einen Heizplan für jeden Raum konfiguriert und die Heizung macht ihr Ding. Würde ich nicht missen wollen.

        Heißt Konkret bei uns und das lässt sich auch einfach so umsetzen:
        Die Badezimmer haben knapp 23°
        Schlafzimmer haben 18°
        Wohnzimmer und Arbeitszimmer haben 21,5°

        1-2 Mal in der Woche heizen die Schlafzimmer einmal auf um Schimmel zu vermeiden. Alles andere wird Stoß gelüftet. Läuft sehr gut. Die wärmeren Wohnräume heizen morgens, falls nötig, für ungefähr 30min und damit wird das dann den ganzen Tag gehalten. Weiß nicht wo der Gedanke herkommt, dass die Räume sich zu sehr gegenseitig aufwärmen/abkühlen.Würde aber im Prinzip jedem raten, das alles einfach mal selbst auszuprobieren.

        1. Hallo Heisl,

          danke für deinen Erfahrungsbericht. Unser Haus ist komplett passiv geregelt, d.h. nur hydraulisch abgeglichen. Wir konnten dadurch Installationskosten von ca. 2500€ für die Einzelraumregelung (Stellmotoren + Thermostaten) sparen.
          Deine “smarte” Regelung klingt sehr interessant, geht aber auch mit erhöhtem Verbrauch (sowohl Heizung als auch Strom für die ERR) einher. Bei uns wird das komplette Haus nur über die Heizkurve geregelt, d.h. die Vorlauftemperatur ist grundsätzlich so niedrig, wie sie gerade sein muss um im Haus 21-22°C zu halten. Das Haus ist immer im thermischen Gleichgewicht und ich erspare mir jeden Eingriff in die Heizung. Das ist aus meiner Perspektive sehr viel “smarter” als aufwändig geregelte Heizungstechnik. Nicht zuletzt ist bei uns das komplette Heizungssystem auf einen möglichst effizienten Betrieb der Wärmepumpe zugeschnitten. Mit einem anderen Wärmeerzeuger mag die Sache auch wieder anders aussehen.

          Ich finde, gerade bei den erheblichen Installationskosten und den nicht zu vernachlässigenen Betriebskosten (wären bei uns ~120€ pro Jahr gewesen), die eine ERR mit sich bringt, ist “einfach ausprobieren” ein schlechter Rat. Für energieeffizientes Bauen ist eine raumweise Heizlastberechnung und Auslegung der Fußbodenheizung aus meiner Sicht die bessere und günstigere Alternative.
          Das Aufheizen der Schlafzimmer erscheint mir persönlich unzureichend, wenn das Ziel die Schimmelvermeidung ist. Schimmelsporen keimen unter günstigen Bedingungen schon nach 2-3 Tagen.

          Das Abkühlen benachbarter Räume ergibt sich einfach rein physikalisch durch die Wärmeleitfähigkeit der Innenwände. Wir haben viele KS-Innenwände, bei denen ist die Wärmeleitfähigkeit mehr als viermal so hoch wie bei ausgedämmten 150mm-Trockenbauwänden. Ich schrieb ja, dass das in Holzständerbauweise besser funktionieren mag. Ich kann aber im Winter im Flur spüren, dass die Wandheizung im Bad arbeitet, weil die KS-Innenwand die Wärme gut leitet.
          Bei der Auslegung unserer Heizung waren das auch alles Faktoren, die in die Berechnung mit eingehen und bei rein passivem Betrieb entsprechend beachtet werden müssen.
          Und wenn man (wie bei uns) die Innentüren nicht immer geschlossen hält (Kinder und Katzen…) dann sind solche großen Unterschiede wie bei euch sowieso nicht mehr machbar.

          Interessant wäre, wie hoch die Betriebskosten in eurem Haus sind, d.h. Verbrauch ERR+Heizung, dazu der Wärmeerzeuger und die Bauweise, um mal eine Vorstellung zu bekommen.

          LG Frank

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